Die APG wurde in den letzten Jahren unter verschiedensten Vorzeichen neu rezipiert. Vor allem die umfassende Aufarbeitung der Geschichte der APG im Rahmen einer Ausstellung im Londoner Kunstraum Raven Row 2012 hat maßgebliche Vorarbeit für die Ausstellung im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien geleistet. Anders jedoch als die Londoner Kuratoren haben wir uns entschieden, einen bewusst fragmentarischen, selektiven Blick auf die Geschichte der Gruppe zu werfen und die Frage nach dem heutigen Interesse an ihren Aktivitäten weiter zu diskutieren. Ziel ist es, die progressiven, kritischen Anteile der APG-Strategie, aber auch ihre problematischen Aspekte zur Diskussion zu stellen und für eine Auseinandersetzung mit den Realitäten gegenwärtiger Praxen fruchtbar zu machen.

Dafür haben wir eine Auswahl von sechs aus den insgesamt circa 20 realisierten APG-Projekten getroffen, an denen Potenziale und Fallhöhen kontextbasierter künstlerischer Arbeit sichtbar werden. In der Tat erscheint die APG-Praxis für eine ganze Reihe von gegenwärtigen Diskursen anschlussfähig: So ist die Zusammenarbeit von Künstler_innen mit Wissenschaftler_innen und Vertreter_innen anderer Disziplinen vor allem unter dem Sammelbegriff der Künstlerischen Forschung keine Seltenheit mehr, ebenso wie für die Etablierung „kreativer Unternehmenskulturen“ gern auf künstlerische Strategien zurückgegriffen wird. Künstlerische Projekte mit gesellschaftlichen Gruppen oder in urbanen „Problemvierteln“ sind inzwischen durch eigens dafür eingerichtete Förderprogramme institutionalisiert worden. Diesbezüglich wird häufig kritisiert, dass soziokulturelle Praxen von staatlichen Institutionen als „Lösung“ für Probleme eingesetzt würden, die in Wirklichkeit aus sozialer und ökonomischer Segregation resultieren. Der Blick auf Beispiele aus der Gegenwart lässt auch deutlich die Unterschiede zur vermeintlichen historischen Vorläuferin APG hervortreten. Vor allem der auf die Ergebnisoffenheit und Prozessualität der Placements ausgerichtete Open Brief widersetzte sich Versuchen, künstlerisches Handeln zu funktionalisieren. Vielmehr beharrte die APG auf Eigensinn und Autonomie künstlerischer Forschung und Produktion, die in ihrem Prozess unvorhersehbare, oder gar „nutzlose“ Resultate erzeuge – und gerade dies sei der genuine Zugewinn von künstlerischer Präsenz in anderen gesellschaftlichen Bereichen. So heißt es in einem Konzeptpapier der APG von 1980: „The proper contribution of art to society is art“.

Die Ausstellung präsentiert Dokumentationen und Ergebnisse aus den sechs ausgewählten Placements sowie Korrespondenzen aus dem Archiv der APG, die die oft schwierigen Verhandlungen um künstlerische Autonomie, Finanzen und die Umsetzung der Placements sichtbar machen. Hier zeigt sich zugleich die große Herausforderung einer jeden Ausstellung über die APG: Denn mehr als das materielle Ergebnis steht der von der Gruppe angestrebte „soziale Prozess“, die konzeptuelle Umwertung der Künstler_innenrolle und die Neubewertung künstlerischen Potenzials für die Gesellschaft im Vordergrund. Die Dokumentationen der diskursiven APG-Veranstaltungen und ihre schriftlichen Manifestationen müssen daher mit den künstlerischen Ergebnissen der Placements quer gelesen werden.

Wie der Titel bereits andeutet, bringt die Ausstellung keineswegs die teils widerstreitenden Narrative in Einklang, sondern zeigt eine der vielen möglichen Darstellungen der APG-Geschichte, gefiltert durch unsere von subjektiven Interessen geleitete Auswahl. Längst schon gehört diese Geschichte nicht mehr nur ihren Protagonist_innen – als eine der meistrecherchierten Sektionen im Londoner Tate Archiv wird sie zum Gemeingut, zu einer Ressource für die Zukunft. Was lässt sich von der APG für heutige Kunstpraxen lernen, die unter grundlegend veränderten gesellschaftlichen und ökonomischen Vorzeichen agieren? Ist der „lange Marsch durch die Institutionen“, den die APG auf ihre eigene Weise interpretierte, jemals an einem Ziel angelangt? Oder muss er womöglich durch jede Generation immer von Neuem und immer wieder völlig anders angetreten werden?